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Ein (un)gleiches Paar

News & Stories — 08. Februar 2024
In der Designgeschichte ist es immer wieder verwunderlich, wie nah sich Designprodukte in Ost und West waren. Trotz unterschiedlicher politischer Systeme, Produktionsweisen und auch Formansprüche gibt es zahlreiche gleiche Paare. So auch beim Stapelgeschirr!

Das global wohl bekanntere stellt das Stapelgeschirr TC 100 von Nick Roericht dar. Roericht war als Student der Hochschule für Gestaltung in Ulm aufgefallen, dass es kein funktionales Geschirr in der Mensa gab.

1959 entwickelte er als Diplomarbeit das weiße Stapelgeschirr TC 100 im Kompaktdesign, dessen Produktion die Firma Rosenthal übernahm. Teller, Tassen und Schalen bilden mit der charakteristischen Stoßkante eine überzeugende formale Einheit. Bereits wenige Jahre später wurde diese Geschirrserie in die ständige Ausstellung des Museum of Modern Art in New York aufgenommen.


In Dresden wurde bereits etwas eher an ähnlichen Plänen geschmiedet. In den 1950er Jahren studierte Margarete Jahny an der Hochschule für bildende Künste unter Marianne Brandt und Mart Stam. Erste Entwürfe zu einem Stapelgeschirr entstanden bereits zu ihrer Studienzeit, wurden aber nicht produziert.

Zusammen mit Erich Müller konnte Jahny ihre Idee eines Stapelgeschirrs 1969/70 mit dem Kaffeegeschirr RATIONELL verwirklichen. Dieses kannte in der DDR fast jeder. Die RATIONELL-Teller, -Tassen und vor allem die Kaffeekannen wurden allgemein als „Mitropa“-Geschirr bezeichnet, da es in all ihren Speisewägen und Bahnhofsrestaurants verwendet wurde. Das Geschirr zeichnete sich insbesondere durch die Kaffeekannen aus, deren Deckel auch bei extremer Schräglage nicht herunter fiel.


Das RATIONELL-Geschirr war kommerziell ein großer Erfolg und in der DDR omnipräsent. Im Gegensatz dazu wurde Jahny aufgrund ihrer Designideen nicht wie Nick Roericht ausgezeichnet, sondern immer wieder mit dem bedrohlichen Vorwurf des Formalismus konfrontiert. Die reduzierte und auf die Funktion beschränkte Form wurde wie in der Sowjetunion von der DDR-Führung abgelehnt und als „funktionalistisch“ abgewertet.


Die beiden Serien aus Ost und West zeichnen sich durch ihre gelungene Stapelbarkeit, Robustheit und leichte Reinigung aus. Welche Form dabei gelungener ist, bleibt jedem selbst überlassen.

Wir von Formost sind bei dieser Wahl natürlich etwas parteiisch.

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